Musik aus MV

Wenn man ein Konzert von Lilium besucht, findet ihr aktuell bei der jungen Musikerin keine Vistenkarten oder Flyer, sondern kleine Papierboote mit den wichtigsten Informationen. Gefaltetes Papier, das ihr einstecken solltet, da ihre Musik Aufmerksamkeit verdient. Erst seit wenigen Jahren veröffentlicht die Singer-Songwriterin ihre Musik, meist bewaffnet mit ihrer Gitarre und ganz viel Talent.

Der letzte Beitrag, den man von Lilium auf Instagram findet, ist vom 22. November 2022 und zeigt ihr Konzert im Restaurant Käthe in der Kröpeliner-Tor-Vorstadt (KTV). Das letzte Video auf Youtube ist auch schon sieben Monate alt und ist der musikalische Teaser für eben dieses Konzert. Das Video zeigt eine sogenannte Bedroom Demo von ihrem Song „Alright?“ mit dem sie nach eigener Aussage ihre Zeit in Spanien verarbeitet. „2022 war ich für ein halbes Jahr in Spanien zum Auslandssemester. Ich habe in dieser Zeit viel geschrieben und meinen Youtube-Kanal aufblühen lassen.“ Die Singer- und Songwriterin hat in dieser Zeit ihre Komfortzone verlassen und sich unter anderem in Valencia in einer Bar an einen Flügel gesetzt und einfach gespielt. „Ich kannte dort niemanden und würde die Bar auch nie wieder finden. Es war großartig. An einem anderen Tag war ich in San Sebastian am Strand mit zwei Mädels aus Belgien und dort waren auch Amerikaner mit einer Ukulele. Ich habe mich umgedreht und einfach mitgesungen.“

Ihre Stimme ist sehr feminin und entspannt und erinnert mich an eine etwas sanftere Alanis Morisette, wenn wir sie denn in eine Schublade packen wollen. Stellt sich die Frage, warum seitdem nicht mehr so viel passiert ist. „Ich habe mir vorgenommen wieder mehr zu schreiben, aber ich bin gerade sehr kritisch mit meinen Texten. Ich empfinde die Akkorde als sehr plakativ. Ich spiele zum Beispiel meine ersten Titel auch nicht mehr. Das Perfektionistische nimmt bei mir gerade wieder zu und das bremst mich beim Veröffentlichen.“ Zu unserem Glück scheinen die perfektionistischen Phasen nicht durchgehend zu sein und so dürft ihr euch freuen, dass Lilium auch diesem Jahr Konzerte geben wird. Eines das noch weit in der Zukunft liegt, wird am 4. November 2023 in Gnoien bei der Little Concerts Reihe stattfinden. „Ich bin gerade in den letzten Zügen von meinem Studium und das fordert natürlich.“ Die gebürtige Chemnitzerin studiert aktuell an der Hochschule für Musik und Theater Musik fürs Grundschullehramt und studiert daneben imBachelor Spanisch und Englisch. „Ich liebe es an Rostock, dass alle so super vernetzt sind. Ein Beispiel: Ich habe einige meiner Songs in den ‚Bears Like Marmelade Sessions‘ präsentieren und aufnehmen dürfen. Das ist nur zustande gekommen, weil die Musikerin Annka Prosa sich bei mir gemeldet hat und mir sagte, dass ein Slot frei wäre.“ In dem Video sind neben Lilium noch weitere Musiker der HMT zu sehen. „Die zweite Sängerin ist Alina, das Schlagzeug bedient Gerrit und am Piano sitzt Yannic. Eigentlich will ich keine Band, das sind alles Freunde, die mit mir da einfach gespielt haben.“ Während der Session wechselte die junge Musikerin und angehende Grundschullehrerin nicht nur im Tempo und der Betonung sondern auch zwischen Deutsch und Englisch. „Einige Dinge sind in einer Nicht-Muttersprache nicht so angreifbar. Mit deutschen Texten greife ich mehr in die Gefühlskiste rein. Ein Beispiel dafür ist der Song ‚Ein Jahr lang Sommer‘, den ich meinem Papa gewidmet habe. Er hat mich immer in meiner Musik unterstützt.“ Ihr Vater fuhr sie regelmäßig zum Klavier- und Gesangsunterricht, holte sie von den Orchesterproben ab und kaufte ihr ihre erste Blockflöte. „Wir waren damals bummeln unter anderem auch in einem Ein-Euro-Shop und da gab es eine bunte Blockflöte, die ich unbedingt wollte. Er hat sie mir nur gekauft, wenn ich sie auch spiele und das tat ich dann auch in der Grundschule.“

Ihre erste Gitarre hat sich Lilium 2015 von ihrem hart ersparten Taschengeld gekauft und sie Peter genannt. Aber erst ihr Studium in Rostock sollte sie auch wirklich zur Musik bringen. „Mit sechzehn brauchte ich die Gitarre zum Liebeslieder spielen und als ich nach Rostock kam, stand Peter in der Ecke und irgendwie war es dann um mich gesehen.“

Seitdem hat sie es unter anderem geschafft 500 Euro Preisgeld beim Popfish des FiSH (Kurzfilmfestival in Rostock) abzuräumen. „Ich hatte ein Musik-Video zu meinem Song ‚Archelon‘ im Gespensterwald produziert und eingereicht. Die Kategorie ‚Gespensterwald‘ gab es zu dem Zeitpunkt noch nicht. Es war also Zufall und Glück. Als der Preis verliehenwurde, war ich gerade in Spanien. Das Geld möchte ich gerne für die Produktion von Musik nutzen.“ Bevor es jedoch soweit ist, begnügen wir uns mit ihren bestehenden Titelnauf den gängigen Musikstreamingdiensten. So finden wir dort unter anderem den Song „Leer getanzt“ zu dem es auch ein Musikvideo gibt und „A very good friend“. „Mein Herzstück ist allerdings „Paper Boat“. Ich habe eine Zeitlang alles mit Papierbooten gesammelt und so wurden sie Inhalt eines Songs und stehen sinnbildlich für Freundschaft und für Dauerhaftigkeit. Letztlich entscheiden wir, wann wir sie zu Wasser lassen.“

ANTJE BENDA