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Stefanie Auer – Dokumentarische Humanfotografie
Sep 23
Stefanie Auer ist seit etwas über einem Jahr dokumentarische Familienfotografin, die in einem Büro direkt am Neuen Markt arbeitet. Sie begleitet Familien oder fotografiert Hochzeiten auf sehr natürliche und unaufgeregte Weise. Ihr Weg zum hauptberuflichen „Auslöser“ brauchte zwanzig Jahre und schafft es heute ihr Arbeitsleben mit ihrem Privatleben in Einklang zu bringen und stillt zugleich ihren sozialen und politischen Anspruch.
Wie authentisch kann jemand sein, der weiß, dass eine Kamera auf ihn gerichtet ist? Wie weit entfernt können wir von einem gestellten Lächeln sein, wenn es heißt „Verhaltet euch so, als wäre ich nicht da.“ Stefanie Auer bekommt das hin. Durch Gespräche, durch ihr ruhige Art und ihr freundliches Auftreten schafft sie es zum Teil in sehr kurzer Zeit eine Beziehung zu den Menschen vor der Kamera aufzubauen und sie dann auf Bild zu bannen. Sie versucht durch ihre dokumentarische Familienfotografie den Moment, die Emotionen und die Perspektive zusammenzubringen. Von der Geburt über die Hochzeit bis zum Familienalltag deckt sie alles ab und wird für einen kurzen Zeitraum zur Wegbegleiterin der Familien. „Den ersten Kontakt mit der Fotografie hatte ich in meiner Jugend mit dem Jugendmediensender ‚elf TV‘ in Laage. Da gab es krasse Technik. Ich habe Portraits fotografiert und mich ausprobiert. Und bin damals mit einer Freundin in die alte Werfthalle in Rostock eingestiegen, hab da Bilder gemacht und damit eine Ausschreibung vom JMMV in Fotografie gewonnen.“ Stefanie stand vor der Entscheidung ihr Hobby zum Beruf zu machen. Auf Druck immer kreativ zu sein und nur Passbilder zu bearbeiten war damals nicht ihre Vorstellung von einem erfüllten Berufsleben. Die Fotografie sollte also zunächst ihr Hobby bleiben.
„Ich wollte eigentlich gerne als Medizinerin zu Ärzte ohne Grenzen.“ Ein Studium blieb ihr aber verwehrt, also suchte sie nach einem anderen Weg, um in die internationale Zusammenarbeit zu gelangen. Also studierte sie in Rostock im Bachelor Sozialwissenschaften. „Ich bin danach nach Schweden, um meinen Master in Friedens- und Entwicklungszusammenarbeit zu machen. Ich hatte eine super bereichernde Zeit.“ Nach zahlreichen auch internationalen Bewerbungen landete sie im heimischen Schoss in Rostock in der politischen Bildungsarbeit. Parallel machte sie einen weiteren Master in Soziologie. Eines wird bei der Betrachtung ihrer Vita deutlich: Stefanie Auer hat sich während ihres ganzen beruflichen Lebens für benachteiligte Menschen unter anderem mit Fluchtgeschichte eingesetzt. Zuletzt arbeitete sie als Referentin für Flucht und Migration. „Das Arbeitsfeld war sehr groß. Ich hatte meine Büros in Schwerin und Hamburg und lebte in Rostock. Als ich aus der Elternzeit zurück kam, war es schwer für mich meinem Anspruch an diese Aufgabe und meinem Wunsch, Zeit für meine Tochter zu haben, gerecht zu werden. Besonders die Krisen der letzten Jahre, wie die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan und der Krieg in der Ukraine ließen mein Arbeitspensum unglaublich wachsen. Um dies in den Beratungsstellen gut aufzufangen, brauchte es mehr Mitarbeitende, Weiterbildungsangebote und für all das natürlich mehr finanziellen Mittel. Die Politik reagierte darauf viel zu langsam, was kräftezehrend und frustrierend war. Darum entschied ich mich schweren Herzens gegen diesen Job und für eine Auszeit, um mich neu zu sortieren und Zeit für meine Familie zu haben.“
Kurz vor dieser Entscheidung, fing Stefanie an, mit einem neuen Kamerasystem zu fotografieren. Es entstanden tolle Familienbilder und eine Stimme im Hinterkopf fragte immer lauter: „Ob es Menschen gibt, die dafür bezahlen würden?“ Im Gespräch mit ihrem Mann wuchs die Idee zu einer Entscheidung „Probier es aus! Wann, wenn nicht jetzt?“ Also hieß es für Stefanie Auer: All in. Sie meldete das Gewerbe an, schrieb einen Businessplan und absolvierte eine Weiterbildung zur „Dokumentarischen Familienfotografin“. Sie probierte sich technisch aus und blieb an dieser Art der Fotografie hängen. „Weil mich das politisch anspricht. Dieses Ungestellte und Unaufgeregte fasziniert mich und entspricht mir.“
Seit Januar 2023 arbeitet sie nun hauptberuflich als Fotografin. Ihre Arbeiten findet ihr online auf „humanfotografie.de“. Solltet ihr sie buchen, setzt den Kaffee schon einmal auf. Die erste halbe Stunde fotografiert Stefanie nämlich meist gar nicht, sondern kommt in der Familie an, lernt die Kinder kennen und lässt sich den Wohnraum zeigen. Sie wartet bis sie sich so eingefügt hat, dass sie unbemerkt den Auslöser drücken kann. „Ich möchte Mütter ermutigen ihre Mutterschaft sichtbar zu machen und Väter ermutigen sich bei der Carearbeit zu zeigen.“
ANTJE BENDA
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