Heimathafen
Bürgerschaft entscheidet über Klimaneutralität
Jan 21
Rostock for Future fordert dem Antrag zur Klimaneutralität bis 2035 zuzustimmen
Das bisherige Ziel Rostocks bis 2050 klimaneutral zu werden, bedeutet den dreifachen Ausstoß an CO2, welcher der Stadt rein rechnerisch zusteht. Das ist nicht hinnehmbar, meinen die Aktivisten von Rostock for Future und zeigen heute um 15 Uhr corona-konform vor der Stadthalle, in der die Bürgerschaft tagt, Präsenz.
Für die Aktivisten ist es schon jetzt ein großer Erfolg, dass die Klimaneutralität bis 2035 auf der Tagesordnung steht. Der von den Linken, Grünen und SPD zusammen eingereichte Antrag ist für den Klimaschutz der bisher wichtigste und am richtungsweisendste Antrag seit Beginn der Fridays for Future-Proteste: „Wir streiken nun seit fast zwei Jahren. Vor einem Jahr überreichten wir unsere Forderungen an die Stadt. Auch das Klimaabkommen von Paris jährt sich nun zum fünften Mal. Es ist allerhöchste Zeit, dass auch wir uns dementsprechend verhalten,“ betont die Schülerin Neele Hänler. „Daher begrüßen wir den Vorstoß der Parteien auch in Bezug auf die Klimakrise faktenbasierte Politik auf den Weg zu bringen. Das ist für mich ein historischer Augenblick!“
Der Antrag formuliert das Ziel, dass Klimaneutralität bis 2035 sichergestellt wird – also dass ab diesem Zeitpunkt netto keine weiteren Treibhausgase ausgestoßen werden sollen. Diese Gase sorgten bis heute dafür, dass die Erderwärmung auf bereits über 1,2 Grad anstieg. Das international unterzeichnete Abkommen von Paris soll jedoch dafür sorgen, dass dieser Trend bei höchstens 2 Grad endet. Ansonsten warnt die Forschung vor katastrophalen Auswirkungen, die größtes humanitäres Leid, Artensterben und wirtschaftlichen Zusammenbruch garantieren. Anhand der weltweit nicht zu überschreitenden CO2-Konzentration in der Atmosphäre ergeben sich einzelne CO2-Budgets. Auch für Rostock wurde eins berechnet – es ist in 5,5 Jahren verbraucht, sollten die Schadstoffemissionen nicht schnell gesenkt werden. Der Antrag kommt also zur rechten Zeit. Ein Weiter-so wollen die jungen Klimaschützer nicht mehr dulden: „Wir lassen uns nicht mehr vertrösten von Politikern, die immer wieder auf die ach so schönen kleinen Projekte hinweisen. Die Verharmloser sind die waren politischen Bremser. Baumpatenschaften und Energiesparwettbewerbe werden unser Klima nicht retten“, so der Student Arne Estelmann. „Wir wollen, dass die Bürgerschaft mit diesem Antrag zeigt, dass sie ein Ziel vor Augen hat. Ein Ziel, dass konsequent verfolgt wird, weil es wissenschaftlich begründet ist. Kein Lippenbekenntnis, sondern ein Hochleben des Pariser Klimavertrags! Verträge einhalten ist nicht radikal, es sollte eine Selbstverständlichkeit sein.“
Dass die Proteste Wirkung entfalten, zeigte sich zuletzt im Oktober. Auch hier zog das Klimabündnis vor die Stadthalle, um den Divestment-Antrag zu unterstützen. Die Stadt verpflichtete sich mit diesem Beschluss dazu, nur noch mit klimaveträglichen Banken zusammenzuarbeiten und setzte sich damit auf die immer länger werdende Liste deutscher Städte, die dieses Ziel verfolgen. „Aktivismus bedeutet nicht nur laut zu sein. Wir brauchen vor allem einen langen Atem. Seit Monaten sprechen wir mit Politikern und haben uns im Austausch mit Experten viel Wissen angeeignet“, betont die 17-Jährige Elisabeth Grune. „Wir haben großes Vertrauen in unsere Demokratie. Heute sind wir hier, um den Mitgliedern der Bürgerschaft zu zeigen, dass wir die Sitzung mitverfolgen und, um von ihnen einzufordern, die fürs Klima richtige Entscheidung zu treffen. Wir hoffen, dass sie auch unsere Zukunft ernst nehmen.“
Nun bleibt also abzuwarten, ob die Rostocker Bürgerschaft faktenbasierte Politik macht – und damit zum Vorbild für andere Großstädte wird.
Bild: Seit fast zwei Jahren kämpfen junge Aktivisten für das vor fünf Jahren international beschlossene Pariser Klimaabkommen.
PM
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