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Report

Feliks Büttner wird 75

Feliks Büttner wird 75

Mai 15

"Sowas kann man doch nicht wegwerfen", sagt Feliks Büttner und nimmt ein großes, eisernes, rostiges Scharnier in die Hand. "Das ist kein Schrott. Das ist Handarbeit."

Doch dieser Haufen Eisen liegt auf dem Mühlstein vor seiner Wohnmühle in Elmenhorst herum. Quasi unnütz. Wenn man ihn einschmelzen würde, könnte etwas Neues daraus entstehen. Als ob er das gehört hätte. "Nee, das muss hier bleiben. Es sieht schön aus", erwidert er. "Also erfüllt es einen Zweck. Als Stillleben."
Er wandert weiter, genießt seinen Garten rings um die kleinere der beiden Mühlen zwischen Lichtenhagen und Elmenhorst. Die Sonne wärmt, die Vögel zwitschern, von der Straße dringt der Autolärm herüber. Feliks Büttner nimmt viele dieser Dinge in die Hand, die in seinem Garten stehen und liegen. Was für die Besucher komische Steine und alte Scherben sind, das sind für ihn Erinnerungen. Dieser schwarze Brocken zum Beispiel. Ziemlich unscheinbar. Um nicht zu sagen: hässlich. "Der ist von der Osterinsel", sagt Feliks Büttner. "Diese Köpfe mit den Riesenhüten musste ich mir doch mal ansehen."
Feliks Büttner hat sich schon früh der produktiven Effektivität entzogen. In Merseburg wurde er 1940 geboren, in Zeitz ist er aufgewachsen. Dort wurde er als Neunjähriger vom Vater zum Malunterricht bei Herrn Zorn ("So einen Namen vergisst man nicht!") geschickt. In Halle lernte er Dekorateur. "Damals bin ich öfter abgebogen nach Leipzig", erzählt Feliks Büttner. "Ich hab die Frühvorstellung im Kino besucht und die Berufsschule geschwänzt. Naja, das Zeugnis sah dementsprechend aus." Das Schmunzeln, mit dem er das sagt, ist schwer zu deuten. Wenn in Leipzig Messe war, schwänzte er noch öfter. Da musste er durch das Guckloch in die große weite Welt gucken, Kataloge sammeln und Ami-Schlitten angucken. "Da lernte man doch viel mehr als in der Berufsschule."
Seinen Rausschmiss von der Fachschule für Angewandte Kunst im Jahr 1961 kommentiert er launisch: "Das war politisch. Mauerbau. Da musste wohl nochmal ausgekehrt werden. Man musste ja nicht viel tun dafür. In dieser Stimmung reichten ein paar unbedachte Äußerungen." Doch, natürlich habe ihn das damals getroffen. Als junger Mensch. "Aber heute sag ich: Was Besseres hätte mir gar nicht passieren können." Schließlich war es genau diese Unangepasstheit, die ihn schon zu DDR-Zeiten bekannt machte: Aufmüpfigkeit wurde schon damals nicht immer nur bestraft.
Seine Windmühle in Elmenhorst fand er 1967. Damals produzierte die große Mühle nebenan noch fleißig. Feliks Büttner hatte 400 Mark. "Das reichte natürlich nicht. Aber ich durfte abstottern. Das hat ein paar Jahre gedauert." Was heute ein extravaganter Wohnsitz in bester Lage ist, war damals nur eine verfallende Bruchbude auf dem Land. Feliks Büttner zog dort ein, weil Wohnraum knapp war und die ersten Winter waren bestimmt arschkalt. "Ich hab in der Mühle jeden Nagel selbst eingeschlagen", sagt er. "Viele auch umsonst. Wenn man keine Ahnung hat, dann muss man eben Fehler machen bis es klappt."
Im Fehlermachen muss Feliks Büttner früher richtig gut gewesen sein. Ob er nun während der Armeezeit in Prenzlau kaum Ausgang bekommt oder sich seine Akte um ein paar Bände erweitert, weil er massenhaft Briefe in alle Welt schickt und um die Zusendung von Plakaten bittet – immer findet er sich in der Opposition wieder. Und wundert sich, dass er schon wieder angeeckt ist. Obwohl er doch nur ein paar Briefe verschickt hat und ein paar Pakete bekommen hat. "Das war doch nicht verboten, oder?", fragt er heute und natürlich hat er recht: Verboten war es nicht. Aber auch nicht gerade hilfreich, wenn man sich um einen Studienplatz bewerben will. "Mir ist ja nie wirklich was passiert", winkt er lächelnd ab. Feliks Büttner war und ist unangepasst. Vielleicht hätte er die eine oder andere Gelegenheit zum Anecken auslassen können. Aber dann wäre er wohl nicht mehr dieser Feliks Büttner gewesen, der er heute noch ist. Das "ks" in seinem Vornamen ist übrigens keine Künstlermarotte. Sondern die polnische Variante.
Jetzt steht er vor den alten Grabsteinen, die er in die Wand seiner Mühle eingelassen hat. "Fundstücke!", betont er. "Nicht geklaut! Ich hab sie auf dem Schutt gefunden – sowas muss doch bleiben! Sowas schmeißt man doch nicht weg!" Alle diese Dinge sind für ihn tägliche Inspiration. Wie auch der Blick auf das Feld aus seiner Malhütte heraus: Eine Wand fehlt man sieht weit über die grünende Fläche. Hier kann Feliks Büttner gut arbeiten. Oder auch Rotwein trinken. Oder arbeiten und Rotwein trinken. Aber das mit dem Rotwein ist natürlich nur ein Gerücht. "Ich trinke ja nicht nur Rotwein. Sondern auch Weißwein und Rosé." Und lächelt. Selbstverständlich hat er auch heute seine rote und seine blaue Socke an. Er habe ja auch zwei verschiedene Beine, sagt er. Ein Standbein und ein Sprungbein.
Mit 32 Jahren arbeitet Feliks Büttner bei der Deutschen Werbe- und Anzeigengesellschaft, der DEWAG. Dennoch versucht er es nochmal und bewirbt sich bei der Kunsthochschule in Berlin Weißensee. Werner Klemke begutachtet seine Einreichungen. Feliks Büttner erinnert sich gut daran und imitiert den Kunstprofessor: "Herr Büttner, ick weeß nich: Wat wolln se denn hier? Sie könn doch schon allet!" Inhaltlich ein Kompliment. Formal – wiedermal – eine Ablehnung. Auch er wird einige Titelblätter des "Magazins" gestalten. Aber erst nach dem Tod Klemkes im Jahre 1994.
Wann er seinen typischen Büttner-Strich bekommen hat, weiß er heute nicht mehr zu sagen. Ja, er bestreitet, überhaupt einen Büttner-Strich zu haben. Doch er kann nicht leugnen, dass die Leute keine Kenner sein müssen, um ein Bild von Büttner zu erkennen: Ein bisschen krakelig und überborden, freundlich farbig und irgendwie immer erotisch, selbst dann, wenn er gar keine Menschen malt. Also wenn einer eine Künstlerhandschrift entwickelt hat, dann doch Feliks Büttner. "Man spielt halt herum", sagt er abwinkend. "Mal beschäftigt man sich mit Picasso, mal mit Matisse – hier und da. Und dann finden andere plötzlich einen Büttner-Stil. Ich weiß nicht."
Der gelernte Dekorateur steckt auch immer noch drin: Nichts ist vor Feliks Büttner sicher. Er malt Plakate, Leinwände, Postkarten, Textilien, Bücher, Pappteller und gestaltet die Trikots   für die jährliche Radtour "Ostsee-Rad-Klassik". Selbst an den Kotztüten für die Aida-Schiffe hat er sich ausprobiert. "Die haben sie aber nicht haben wollen", sagt er. Lächelt schulterzuckend. "Ich weiß auch nicht warum."
Neugierig öffnet er in seinen Atelier einen Büttner-Karton – und findet darin eine Büttner-Keramikkugel. "Siehste!", sagt er überrascht. "Ich mach sogar Keramik!"
Und Fischbüchsen. Er selbst hat nur einige gestaltet, aber seine Sammlung wunderschön gestalteter Fischbüchsen ist riesig – er öffnet ein Schubfach nach dem anderen und überall sind Fischbüchsen versteckt. Die haben halt wunderbar runde, nicht immer gleiche Formen und interessante Oberflächen. Wie auch die Frauen, die er gelegentlich bei Kunst-Events bemalt. Meistens trinkt er dazu ein Schlückchen. "Das ist Absicht", erläutert er. "Die Leute sollen glauben, dass mein roter Kopf vom Alkohol kommt."
Neue Technik kommt ihm nicht in die Mühle. "Computer fang ich nicht mehr an", sagt er knapp. "Das sollen mal die Jungen machen." Dennoch kann er kaum verbergen, dass ihn die neue Technik fasziniert. Wenn er Schüler beobachtet, die am Rechner kreativ werden können – ohne Papier, Farben und Stifte – dann ist er durchaus beeindruckt. "Und wenn ihnen dann mal ein origineller Schnörkel gelingt, dann wird der gleich gespeichert und fotografiert und gepostet." Er zuckt mit den Schultern. Und lächelt dabei. "Vielleicht ist das eben heute so", sagt er. Er müsse für seine Collagen noch Schere, Papier und Leim benutzen. "Ich muss nicht mehr alles mitmachen."
Und eben der Kussmund. Eine Journalistin habe der Aida-Reederei empfohlen, ihre Pötte doch anzumalen. Schließlich habe es 1996 "so etwas wie einen Wettbewerb" gegeben und Büttners Kussmund gewann. "Das war ein Schlag für mich", kommentiert er. "Ein Ritterschlag. Hat nicht überhaupt weh getan." Seitdem ist sein Leben leichter geworden – natürlich. Der Kussmund ist nun auch sein Markenzeichen und dem Verkauf seiner Werke hat er auch nicht geschadet. Die Reduzierung auf dieses eine Motiv störe ihn manchmal, sagt er. Aber dann lächelt er wieder: "Ich kann das verkraften."
Der elfte Kussmund ist bereits aufgemalt, auf die "AIDAprima", die im Oktober von Tokio zu ihrer Jungfernfahrt aufbrechen wird. Im Frühjahr folgt das Schwesternschiff "AIDAbishi". Ihr Bugsteven ist gerade wie bei der Titanic, das schafft klare Flächen für den Kussmund. Feliks Büttner ist zufrieden: Die Optimierung des AIDA-Markenzeichens für die neue Schiffsgeneration ist ihm wieder gelungen. Natürlich ist er mit allen Schiffen schon mitgefahren – als "artist in residence". Er soll sich immer ein Schild ans Revers heften, auf dem das steht. "Aber das lass ich weg", sagt er. "Die Leute an Bord kennen mich doch. Spätestens nach der ersten Malshow." Dafür braucht er Jazz, am besten mit einem prägnanten Schlagzeug. Früher hat er selbst gespielt. Jetzt schwingt er den Pinsel. "Dann geht das zack, zack – der Rhythmus landet direkt auf die Leinwand. Vier Bilder pro Stunde schaff ich." Natürlich lacht er auch darüber. Auf der AIDAprima wird er selbstverständlich in der AIDA-Galerie vertreten sein wird: Der Kunstgalerie auf Deck sieben. Das große 3x3-Meter-Bild, das er für das neue Schiff gemalt hat, wird zur Geburtstags-Ausstellung ab dem 17. Mai – seinem 75. Geburtstag – in der Kunsthalle zu sehen sein. Aber nur für 14 Tage. "Dann muss es nach Japan", sagt Feliks Büttner. "Im Oktober muss ich auch hin." Man sieht es ihm an: Er wird es wieder genießen.

Frank Schlößer


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