Musik aus MV

Ihre Namen hören sich an wie die Anti-Superhelden aus dem Marvel-Universium: Albert Münzberg und Pablo Himmelspach. Ihre Superkraft: die Rapmusik. Und wie das so mit Superkräften ist: Aus großer Kraft erwächst große Verantwortung. Die Hinterlandgang hat sich dieser angenommen. Bereits 2018 veröffentlichten sie ihr erstes Album „Ihr kriegt uns nie“ und thematisierten „den grauen Beton“ in Vorpommern. Seitdem arbeiten und studieren sie, haben ihren Horizont erweitert und werkeln mit Anfang zwanzig an ihrem vierten Album, das 2021 veröffentlicht werden soll. 

„Ne, dazu möchten wir nichts sagen.“ Das waren die Worte von Pablo von der Hinterlandgang auf meine Nachfrage, wie ihr neues Album heißen werde. Eine verbale Abfuhr übers Telefon und zwar eine richtige. „Versteh das nicht falsch, aber der Titel erschließt sich erst, wenn du dir das ganze Album angehört hast. Vorher könnte da ein falscher Eindruck entstehen.“ Letztlich haben sie aber doch ein bisschen was verraten. Nämlich, dass sie das Album mit Pete von Petemusik aufnehmen. „Er ist seit dem ersten Album an unserer Seite und weiß wie wir ticken. Er arbeitet nicht nur mit Leuten aus der Hip Hop Szene zusammen, sondern mit vielen unterschiedlichen Musiker unterschiedlicher Stilrichtungen und das hat einen ganz anderen Einfluss auf unsere Musik.“ Mit ihrem neuen Album wollen sie nach ihrer Aussage auf die politische Anklagebank, werden die Perspektive wechseln und uns Hören zeigen, dass sie sich verändert haben. „Früher wollten wir unbedingt, dass die Rapszene uns wahrnimmt. Das haben wir zwar nicht raus hängen lassen, aber das hat schon Druck aufgebaut. Das ist jetzt egal und das gibt mir Freiheit. Wir sind insgesamt viel künstlerischer geworden“, erzählt Albert. 

Ihre Musik leben sie gemeinsam bereits seit ihrer Jugend in Siedenbüssow. Albert und Pablo haben sich auf dem vorpommerschen Dorf kennengelernt und Rap zu ihrem Ventil gemacht. „Für uns war Rapmusik immer Entertainment. Wir fanden die Musik gut, fühlten uns aber wenig repräsentiert. Als Zugezogen Maskulin ihren Song ‚Plattenbau Ost‘ veröffentlichten, hab ich mich wieder gefunden und verstanden gefühlt“, kommentiert Albert. „Starken Einfluss hatten auch Feine Sahne Fischfilet auf uns. Die arbeiten natürlich mit ihren eigenen Bildern und Worten und machen auch Punk, aber sie haben uns von ihrer Einstellung her mit geprägt“, ergänzt Pablo ihren Rap. Seit 2016 - mit ihrer ersten Veröffentlichung ‚Intro‘ - hat sich einiges getan. So waren sie 2018 einer der Acts auf dem „Wasted in Jarmen“. Dem Festival von Feine Sahne. „Das war der absolute Hammer und für uns damals das Größte. Seitdem hat sich vieles getan. Wir haben einen größeren Bekanntheitsgrad in MV. Uns hören nicht mehr nur unsere Freunde, sondern auch andere Leute. Wir haben Profis kennengelernt, die mit uns drehen oder das Cover designen.“ Zudem hat die Hinterlandgang drei Alben veröffentlicht und unzählige Videos produziert. Zu Beginn noch in Eigenregie und mit ihrem Kumpel DJ Denny Kunkel hinter der Kamera. „ Durch Corona sind wir wieder zu zweit. Denny ist eigentlich nur noch bei den Live-Aufritten dabei, die ja aktuell nicht stattfinden. Für unsere Videos arbeiten wir jetzt mit Open Iso aus Neubrandenburg zusammen. Wir haben uns über gemeinsame Bekannte kennengelernt und wären uns normal wahrscheinlich nicht über den Weg gelaufen. Jetzt ergänzen wir uns total. Mit ihm haben wir auch das Video zu ‚Playboys von der Küste‘ gemacht.“ 

Gemeinsam mit der Demminer Rapcrew Attic109 veröffentlichten sie den Titel und rappten das erste Mal auf Beats von Leuten, die sie kannten. Normalerweise holen sie sich ihre Sounds aus dem großen Worl Wide Web, um ihre teils politischen Raps zu untermauern. „Pablo schreibt so viele Songs, dass wir eigentlich genug für die übernächste Scheibe haben. Ihr werdet an den neuen Texten merken, dass wir viel selbstbewusster und positiver geworden sind. Wir haben mit achtzehn die Themen weitaus naiver angesprochen. Nun bewegen wir uns aus diesem begrenzten Kosmos heraus.“ Hören könnt ihr dies schon in den Tracks von 2019 wie zum Beispiel „Nach Hause“, der auf Youtube zu finden ist. Vergleicht ruhig die Titel von 2016 mit 2019 und ihr werdet merken: der Rap ist besser, die Texte nicht mehr so plakativ und die Beats ein Stück melodischer.  

Den ersten Appetizer auf ihr Album gibt es übrigens schon in den nächsten Wochen. Mit „Der Himmel kann warten“ wird die erste Single und damit auch ein Video veröffentlicht. Danach soll es ein Pre-Listening geben und nach dem entsprechen Feedback irgendwann auch das Album selbst. Wie sich das anhört, erfahrt ihr Mitte 2021 im 0381-Magazin. Lasst die Anti-Helden rappen von der Plastikwelt, offenen Grenzen und Zuhause. 

 

ANTJE BENDA