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OB-Wahl in Rostock – Fragen an Michael Ebert
Nov 22
Alter: 52 Jahre
Familienstand: verheiratet, 2 Kinder
Erlernter Beruf: Direktor des Landesbereitschaftspolizeiamtes M-V, Diplomverwaltungswirt (FH)
Hobby: Tanzen, Laufen
Parteizugehörigkeit: Parteilos, unterstützt von CDU, FDP & UFR
0381-Magazin: Warum sind Sie der geeignetste Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters?
Ebert: Der Oberbürgermeister ist der Chef der Verwaltung. Dafür bringe ich über 30 Jahre Erfahrung mit. Ich habe in meinem
Berufsleben gelernt, große Behörden zu leiten und Prozesse so zu gestalten, dass Dinge funktionieren. Zudem kenne ich die Stadt sehr gut aus meiner Zeit als langjähriger Polizeichef, die guten und die weniger guten Entwicklungen.
0381-Magazin: Wie sah Ihr politisches Engagement in Rostock in den letzten zwei Jahren aus?
Ebert: In meiner Zeit als Rostocker Polizeichef habe ich sehr eng mit der Stadtverwaltung, dem politischen Raum sowie Verbänden und Vereinen zusammengearbeitet. Wir konnten dort viele gute Projekte wie die erste 24-Stunden-Kita auf den Weg bringen. Außerdem ging es zum Beispiel darum, wie man durch städtebauliche Gestaltung „Angsträume“ abbauen kann. Das geht unter anderem mit guten Beleuchtungskonzepten.
0381-Magazin: Wo sehen Sie die Schwächen und wo die Stärken der Stadt?
Ebert: Rostocks Aushängeschilder sind Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Die Stadt strahlt weiter über ihre Grenze hinaus. Das ist eine große Stärke und zeigt die Attraktivität. Doch die wirtschaftliche Entwicklung ist kein Selbstläufer und wird in den nächsten Jahren stärkeren Einsatz erfordern als bisher. Schwächen sehe ich in der aktuellen Verkehrssituation und bei der Ausweisung von Flächen für Gewerbe und Wohnungsbau. Diese Themen werde ich als Oberbürgermeister mit großem Nachdruck angehen. Außerdem beschäftigt uns alle aktuell die Energiesicherheit, beispielsweise die Nutzung des Kohlekraftwerks. Die Versorgungssicherheit hat für mich oberste Priorität. Es wäre nahezu töricht, den Standortvorteil mit Kraftwerk nicht für die Bürgerinnen und Bürger zu nutzen.
0381-Magazin: Was möchten Sie tun, damit einige Stadtteile nicht abgehängt werden?
Ebert: Ein Stadtteil kann sich gut entwickeln, wenn die Verwaltung weiß, wo der Schuh drückt. Mehr Mitsprache, beispielsweise über die Ortsbeiräte, ist hier der Schlüssel für ein erfolgreiches Quartiersmanagement. Die Wege des Alltags
müssen im Stadtteil funktionieren, Kinderbetreuung, Einkaufen und Anbindung an den ÖPNV, das sind Grundlagen für gute Entwicklungen.
0381-Magazin: Welches Konzept haben Sie für den öffentlichen Nahverkehr?
Ebert: Wir müssen die Rahmenbedingungen im ÖPNV und im Radverkehr so stärken, dass jeder eine gute Wahl treffen kann, wie er sich bewegen möchte. Es bringt nichts, Autoverkehr zu verbieten und Menschen zu zwingen, ihr Verhalten zu verändern. Taktung, Erreichbarkeit und Preis sind drei wichtige Stellschrauben. Zudem: Ideen haben ist gut. Aber Umsetzen ist besser. Es muss daran gearbeitet werden, die Konzepte endlich im wahrsten Sinne auf die Straße zu bekommen.
0381-Magazin: Wie konnten Sie in den letzten drei Jahren, in Ihrer aktuellen beruflichen Position, Erfolge bei der Umsetzung von Energiesparprojekten erzielen?
ebert: Ich bin der Auffassung, dass man Energie und Klimaschutz in allen Bereichen mitdenken muss. Das ist eine echte Querschnittsaufgabe. Darauf habe ich in der Vergangenheit geachtet und werde es auch für die Stadtverwaltung entsprechend umsetzen.
0381-Magazin: Wie finden Sie die Idee, einen prozentualen Anteil der eingenommenen Kurtaxen-Gelder durch Urlauber an die Kulturszene in Rostock weiterzugeben?
Ebert: Dies sollte aktiv diskutiert werden. Es ist immer schwierig, wenn Investitionen in die Kultur im Vergleich zu den Pflicht-Aufgaben einer Stadt – wie Schulen und soziale Versorgung – als erstes aus der Haushaltsliste gestrichen werden. Kultur benötigt Ressourcen zur Entwicklung und Ideen sollte man sich nicht verschließen. Leider steht Rostock als Standort auch im Wettbewerb. Die Erhebung von Steuern, Gebühren oder Abgaben sollte immer im Zusammenhang gesehen werden. Das Rostocker Kulturangebot baut auch auf Unterstützung durch das Land.
0381-Magazin: In Ihre mögliche Amtszeit fällt auch die ursprünglich geplante BUGA. Welche Projekte möchten Sie davon angehen, auf welche kann/muss man verzichten?
Ebert: Nach den Diskussionen um die BUGA in diesem Jahr gilt es, nach vorne zu schauen. Einzelne Teilprojekte sind grundsätzlich und nicht in Verbindung mit einer Gartenschau zu betrachten. Rostock benötigt unbedingt einen attraktiveren Stadthafen: Bäume, Bänke, Spielplätze. Die Gestaltung liegt mir am Herzen. Über den Neubau des Volkstheaters wird schon so lange diskutiert, hier muss es an die Umsetzung gehen und eine realistische Kostenbetrachtung erfolgen. Am Ende hängen alle Projekte an der Finanzierbarkeit.
0381-Magazin: Welche konkreten Ideen haben Sie, um die digitalen Kompetenzen von Schulkindern und damit den Fachkräften von morgen zu fördern, denn der Informatikunterricht erfüllt aktuell diese Aufgabe nicht.
Ebert: Die Kritik am Unterricht teile ich nicht so pauschal. Natürlich gibt es Defizite, aber zur Entwicklung benötigen wir alle Ebenen. Als Stadt müssen wir die Infrastruktur an den Schulen stärken, das Land muss seine Hausaufgaben bei der Qualifikation von Lehrkräften machen, der Bund entsprechend fördern. Wichtig ist mir bei Digitalisierung, gerade beim Umgang mit Medien, auch die Medienkompetenz der Kinder.
0381-Magazin: Der Wahlkampf kostet viel Geld und Ressourcen. Konnten Sie zum Beispiel Ihre Plakate und Flyer in Rostock drucken lassen, bei den Plakaten auf die Recyclingfähigkeit setzen? Stichwort: Kabelbinder.
Ebert: Ich setze primär auf regionale Anbieter bei Produktion. Leider sehen wir aktuell vermehrt Fälle von Vandalismus, was sehr schade für die eingesetzten Materialien ist und Nachproduktionen erfordert. Für die Plakate haben wir im Vorfeld den Nachweis eingeholt, dass diese recycelt werden können. Sehr bewusst habe ich für ein E-Auto als Wahlkampf-Mobil entschieden, was mich umweltfreundlich von Termin zu Termin bringt, wenn ich Fahrrad und ÖPNV nicht nutzen kann.
0381-Magazin: Wie würde Ihr Sonntagabend am 13.11. aussehen, wenn es keine OB Wahl geben würde?
Ebert: Sonntag ist bei uns ein Familientag und die Kinder stehen im Mittelpunkt, auch wenn meine Frau und ich Wochenendarbeit und Schichtzeiten gut kennen. In der Freizeit wäre eine Laufrunde sicher für mich auch dabei. Ein gemeinsames Familienabendessen ist mir wichtig, so tanke ich Kraft für anstehende Aufgaben.
0381-Magazin: Sie sind in der DDR Mitglied im Wachregiment Feliks Dzierzynski, welches der Stasi unterstellt war, gewesen. Das Wachregiment rekrutierte sich zu etwa 80 Prozent aus freiwillig drei Jahre dienenden Soldaten und Unteroffizieren. War es karrieretechnisch zwingend notwendig, den Weg einzuschlagen? Wie blicken Sie heute auf die Zeit zurück?
Ebert: Ich hatte als junger Mensch ganz verschiedene Ideen, hatte ein Faible fürs Handwerkliche und wollte auch mal Lehrer werden. Meine Welt endete aber auch am Ausgang unseres Dorfes in Vorpommern. Im Jahr 1988 wurde ich mit gerade 18 Jahren vom System instrumentalisiert und für das Wachregiment geworben. Ich ging von dort aber direkt zur Offiziershochschule. Für das MfS habe ich keine Informationen beschafft, gesammelt oder weitergeleitet. Alle Angaben dazu wurden durch mich offengelegt, auch im Rahmen der regelmäßigen Überprüfungen für meine Polizeitätigkeit. Heute verfüge ich über die höchste Sicherheitsüberprüfung nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz M-V.
Durch meine Erfahrungen bin ich heute wohl kritischer als viele Menschen. Ich kämpfe seit über 30 Jahren jeden Tag für die freiheitlich demokratische Grundordnung, für Rechtsstaatlichkeit, für Demokratie und politische Bildung, damit junge Menschen heute nicht mehr instrumentalisiert und indoktriniert werden können.
0381-Magazin: In der Vergangenheit gab es mit Sozialsenator Bockhahn Auseinandersetzungen zum Thema Jugendarbeit. Was läuft in Ihren Augen falsch in Rostock Jugendarbeit?
Ebert: Die Jugend- und Sozialarbeit ist ein enorm wichtiger Faktor für die Entwicklung unserer Stadt, gerade bei der Frage, wie wir zusammenleben. Kinder und Jugendlichen mit besonderen Bedarfen oder mit Schwierigkeiten im Elternhaus bedürfen auch unserer besonderen Aufmerksamkeit. Jugend- und Stadtteilzentren sowie Schul- und Straßensozialarbeiter sehe ich als ganz wichtige Faktoren, die gestärkt werden müssen. So werden negative Entwicklungen und Dynamiken in Gruppen vermieden.
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