OPERNSTARS FÜR DAS VOLKSTHEATER ROSTOCK! @ Volkstheater Großes Haus Rostock

Wagner mit Wut: Das Volkstheater Rostock lehnt sich mit einer Gala gegen seine Beschneidung auf. In Arien des großen Opernkomponisten schwingt im Juni neben Entsetzen auch Kampflust mit, wird das Vorspiel zum „Lohengrin“ Erinnerung an die Kostbarkeit der Kunst, der „Walkürenritt“ ein Fanal gegen den Kulturabbau. Empört über die theaterpolitischen Entwicklungen in Rostock haben sich die renommierten Opernsolisten Manuela Uhl und Klaus Florian Vogt entschlossen, für die Rostocker ein besonderes Konzert zu veranstalten und haben gemeinsam mit NDR Kultur-Moderator Hans-Jürgen Mende einen Wagner-Abend ins Leben gerufen. Als Dirigent konnte Roman Brogli-Sacher gewonnen werden. Der langjährige Generalmusikdirektor des Theater Lübecks verzichtet ebenso wie seine Mitstreiter zu diesem Anlass auf seine Gage.
 
Sie sind nicht die einzigen: Zahlreiche Prominente haben sich öffentlich mit dem Volkstheater solidarisiert. Von Rapper Marteria bis zu Schauspiel-Legende Armin Müller-Stahl, von Kulturschaffenden wie Theatermime Ulrich Matthes oder Komponist Helmut Oehring bis zu Politikern wie dem ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse. Letzterer bat den Schweriner Kultusminister Mathias Brodkorb gar per öffentlichen Brief um ein Einlenken - bislang vergeblich?  
 
Die Lage ist jedenfalls ernst: Der Rostocker Oberbürgermeister Roland Methling hat, abgestimmt mit dem Kultusminister, ein Konzept in die Bürgerschaft eingebracht, das faktisch die Schließung von zwei Sparten des Volkstheaters bedeutet. Musiktheater und Tanz sollen danach künftig koproduziert, die entsprechenden Sektionen geschlossen, die Angestellten entlassen werden. Dem Volkstheater bliebe nur Schauspiel und Orchester als eigene Einheiten - die Frage, wie eine derart amputierte Institution ihrem Kunst- und Bildungsauftrag nachkommen soll, beantwortet die Politik indes nicht. Ebenso wenig die, wie solche Koproduktionen überhaupt realisierbar sein sollen, und erst recht nicht, wie unter solchen Umständen der beschlossene (und benötigte) Neubau gestemmt werden kann.  
 
Sewan Latchinian, der Intendant des Hauses, trat erst im September 2014 unter gänzlich anderen Voraussetzungen an. Der Künstler stellte sogar in Aussicht, zwei weitere Sparten eröffnen zu wollen: Sein Konzept sah zusätzlich ein Figurentheater und eine Bürgerbühne vor. Die Arbeit des Volkstheaters unter dem neuen Intendanten wurde mit zunehmender Begeisterung aufgenommen. Speziell die nun vor dem Aus stehende Opernsparte präsentierte im November 2014 einen umjubelten „Don Giovanni“ und schob jüngst, passend zur Krise, eine starke „Mahagonny“ Produktion hinterher.
 
Kämpferisch zeigte und zeigt sich währenddessen die Bevölkerung. Erst im Januar sprach Fernsehschauspieler Peter Sodann auf einer Kundgebung für Protestierende aus Stadt und Umland: „Bringen wir nicht unsere Kinder um eine Schönheit, die die vergangenen Jahrhunderte und unsere Zeit geschaffen haben.“ Charly Hübner, ebenfalls Schauspieler, äußerte in einer Videobotschaft Unverständnis darüber, dass dieser einschneidende Beschluss so eilig verabschiedet worden sei. Von Corinna Harfouch über Peter Bause, von Francisco Medina zu David Striesow - aus Kulturwelt und Showbusiness erreichen die Rostocker zahlreiche gute Wünsche und die Kulturpolitik zahlreiche kritische Stimmen.  
 
Mit Wagner wollen die Initiatoren (Hans-Jürgen Mende, Manuela Uhl und Klaus Florian Vogt) gemeinsam mit dem Volkstheater an bessere Zeiten erinnern – und für bessere einstehen. Sopranistin Manuela Uhl, seit 2011 international freischaffend tätig, begründet ihr Engagement wie folgt: „Da ich sehr viel im Ausland singe, erfahre ich immer wieder, wie sehr man uns weltweit um die deutsche Theaterkultur beneidet. ,Amerika hat den Grand Canyon, Deutschland hat die Theater’ – hat mir mal ein Kollege gesagt. Es ist eine Tradition, ein Wert, den wir erhalten und pflegen müssen. Stattdessen geht es immer nur ums Geld. Gerade wenn ein kreativer Intendant mit seinem Team antritt, ein Theater, wie das Volkstheater Rostock wieder in Schwung, in den Mittelpunkt der Stadt zu stellen, verdient er die Unterstützung aller, auch derjenigen, die das Theater mit seinen Facetten, Oper, Tanz, Schauspiel und Konzert erst noch für sich entdecken müssen. Meine Unterstützung hat Sewan Latchinian auf jeden Fall, deshalb bin ich dabei.“  
 
„Dieses für Rostock außergewöhnliche Konzert macht Mut zur Zukunft für unser Theater und die Hansestadt“, gibt sich auch Stefan Rosinski ungebrochen kämpferisch. Der Geschäftsführer des Volkstheaters hat, allen Widrigkeiten zum Trotz, nicht aufgegeben. „Die Richard-Wagner-Gala dokumentiert auch die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses“, so Rosinski weiter. Er sieht das Konzert als „Rostocker Signal, mit dem an die lange Tradition des Volkstheaters als ‚Bayreuth des Nordens‘ erinnert werden soll.“  
 
„Opernstars für das Volkstheater Rostock!“ bündelt einmal mehr die Energie der Verantwortlichen und Fürsprecher. Die ausgewählten Stücke haben dabei durchaus programmatischen Charakter. Zumindest lässt sich „Dich, teure Halle, grüß ich wieder“, die Hallenarie der Elisabeth aus dem „Tannhäuser“ auch als optimistische Hoffnung hören, ebenso Walthers Preislied „Morgenlich leuchtend im rosigen Schein“ aus „Die Meistersinger von Nürnberg“. Und die Entschlossenheit der Beteiligten dürfte spätestens in der Ouvertüre zu „Der fliegende Holländer“ gebührenden Ausdruck finden.  
 
Informationen zu den Initiatoren, Programm und Kartenkauf folgen im Anschluss. NDR Kultur wird das Konzert „Opernstars für das Volkstheater Rostock!“ aufzeichnen und zeitversetzt senden.
 
Norddeutsche Philharmonie Rostock
Manuela Uhl Sopran
Klaus Florian Vogt Tenor
Roman Brogli-Sacher Dirigent
Hans-Jürgen Mende Moderation
 
 
Programm                                    
    
„Tannhäuser”- Ouvertüre
Hallenarie Elisabeth „Dich, teure Halle, grüß ich wieder“ aus „Tannhäuser“
Preislied Walther „Morgenlich leuchtend im rosigen Schein“ aus „Die Meistersinger von Nürnberg“
„Lohengrin“- Vorspiel zum 3. Akt
Elsas Traum  „Einsam in trüben Tagen“ aus „Lohengrin“     
Gralserzählung „In fernem Land“ aus „Lohengrin“
            
PAUSE
 
Walkürenritt aus „Die Walküre“
Monolog des Siegmund „Winterstürme wichen dem Wonnemond“ aus „Die Walküre“        
„Der fliegende Holländer“ - Ouvertüre
Ballade der Senta „Johohohe! Traft ihr das Schiff“ aus „Der fliegende Holländer“        
Arie und Duett „Was musst‘ ich hören! Gott, was muss ich sehen?“ aus „Der fliegende Holländer“