20:00 |
Unsere Geschichte: Meine Kindheit in Mecklenburg und Vorpommern
|
|
Kindheit im Norden der DDR – das bedeutete eine endlose Ostsee-Küste, Wald, sanfte Hügel und ganz viel frische Luft. So unbeschwert die Kindheit in der Region aber auch war, so sehr drängte sich immer wieder der Staat in den Vordergrund: Alles musste organisiert und reglementiert werden, auch das Leben der Lütten. Die einen waren begeistert, die anderen machten eher widerwillig mit. Doch Kinder lassen sich nicht einsperren. Sie finden ihre Wege.
Wie zum Beispiel Frank Ewert, der in den 70er Jahren auf der Insel Poel aufwächst. Draußen unterwegs zu sein, den Kopf im Seewind, das ist für ihn und seinen Zwillingsbruder das Größte. Dass die Nachmittage mit Veranstaltungen der Pioniere oder der FDJ belegt sind, finden die Freizeit-Indianer eher lästig. Nur einmal bekommen sie richtig Ärger. Im Unterrichtsfach „Produktive Arbeit“ zerschneiden sie wahllos Gummischläuche. Schaden: 500 Mark. Da müssen die Jungs losziehen, um Altstoffe zu sammeln. Ganz anders Simone Hilbrecht aus Bützow. Sie lebt gern in der DDR, findet das Leben der „Jungen Pioniere“ großartig. Auf die Probe gestellt wird ihre Begeisterung 1986, als im weißrussischen Tschernobyl ein Reaktor explodiert. Inspiriert von der schönen Natur ihrer Umgebung und in der Überzeugung, Polizei und Armee halten die radioaktive Wolke von ihrer Heimat fern, schreibt sie ein Friedensgedicht – und wird dafür ausgezeichnet. Ein solches Leben in Harmonie war Peter Wawerzinek nicht vergönnt. Als er zwei Jahre alt ist, lässt seine Mutter ihn und seine kleine Schwester allein in der Rostocker Wohnung zurück und geht in den Westen. Tage später werden die beiden Kinder befreit. Peter wächst in Heimen an der Ostseeküste auf. Nach mehreren Adoptionsversuchen kommt er zu einem Lehrerpaar. Seine neue Mutter hat es sich in den Kopf gesetzt, anhand eines Benimm-Buches aus dem Heimkind einen Musterknaben zu machen. Dabei ist Peter viel lieber mit seinen Kumpels aus dem Heim am Strand unterwegs, wo sie eines Tages tatsächlich eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg finden. Kindheit im Norden der DDR – das kann auch verlorene oder neu gewonnene Heimat bedeuten. Hinnerk Schönemann zum Beispiel verbrachte seine Kindheitssommer in der Nähe von Plau am See. Bis seine Eltern aus der DDR ausreisten. Als Teenager kommt Hinnerk immer wieder zurück. Er hat Angst, seine Heimat zu verlieren, denn allein in die DDR reisen darf er nur, bis er 16 Jahre alt ist. Den umgekehrten Weg geht Mathias Schilling. Seine Familie lebt in Schleswig-Holstein. Eine winzige Insel im Besitz seiner Familie allerdings liegt zwischen Rügen und Hiddensee. Dorthin fährt die Familie regelmäßig. Für Mathias Schilling ist das immer unheimlich. Denn sein Vater schmuggelt jedes Mal Dinge, die es in der DDR nicht gibt, im Auto über die Grenze. Wer Mecklenburg und Vorpommern einmal in sein Herz geschlossen hat, kehrt immer wieder dorthin zurück. Heute lebt Matthias Schilling auf seiner Familieninsel. Auch Hinnerk Schönemann – er ist Schauspieler geworden – hat sein Zuhause in Mecklenburg, am Ort seiner Kindheit. Peter Wawerzinek bereist als Schriftsteller in seinen Büchern immer wieder seine Kindheitslandschaft zwischen Rostock und Rerik. /* */ ?> |