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TIPPIn Gedenken an Gisela Perlet
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Erinnerungen, Geschichten und Gespräche
„Ja, ich nenne ihn „meinen“ Autor, denn ohne einen solchen besitzergreifenden Anspruch, der natürlich größenwahnsinnig und reine Anmaßung ist, läßt sich nicht übersetzen. Auch hoffe ich, daß es mir meine Autorinnen und Autoren nicht verübeln, daß ich sie während der Arbeit irgendwann und unwillkürlich zu duzen anfing. […] Manchmal konnte ich sie neben mir atmen, ächzen und stöhnen hören, und obwohl wir uns auch gestritten haben und ich sie immer wieder um Nachsicht anflehen mußte und muß, habe ich diese schwer erarbeitete, erlebte Nähe als eigentliches Übersetzerglück empfunden.“ (Gisela Perlet über das Übersetzen in der Dankesrede zum Johann-Heinrich-Voß-Preis 2002). Gisela Perlet war Übersetzerin aus Leidenschaft, sie galt als eine exzellente Kennerin der skandinavischen Literaturen von der Aufklärung bis zur Gegenwart. Sie übertrug Klassiker und Weltliteratur wie Søren Kierkegaard, Selma Lagerlöf und Tania Blixen und machte sich besonders durch die Neuübersetzung von Hans Christian Andersens Märchen einen Namen. Sie verlieh dem Kaiser, der neue Kleider hatte, Nils Holgersson auf seiner wunderbaren Reise durch Schweden und der Schneekönigin eine neue deutsche Stimme. Zuletzt schloss sie als Herausgeberin das monumentale Tagebuchwerk Hans Christian Andersens ab. Gisela Perlet wurde 1942 in Magdeburg geboren. Nach dem Studium der Germanistik und Nordistik war sie von 1966 bis 1979 Lektorin im Hinstorff Verlag in Rostock. Seit den 70er Jahren beschäftigte sie sich intensiv mit dem dänischen Autor Hans Christian Andersen. Nachdem ihr die Übersetzung des dänischen Philosophen und Schriftstellers Søren Kierkegaard vom Minister für Kultur der DDR untersagt wurde, arbeitete sie als freiberufliche Übersetzerin, Herausgeberin und Autorin, bis zuletzt, trotz langer Krankheit. Gisela Perlet verstarb am Heiligabend 2010. Für ihr Werk wurde sie vielfach ausgezeichnet. Von der dänischen Königin wurde sie zur Ritterin des Dannebrog-Ordens geschlagen, sie erhielt 1998 den Hans-Christian-Andersen- Preis, 2001 das Bundesverdienstkreuz, 2002 den Johann-Heinrich-Voß-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und 2004 den Dänischen Übersetzerpreis des dänischen Kunstrats. /* */ ?> |