Gastkolumne
Felix Liebrich aus Australien
Wissenschaft ist immer international. Und ist seit jeher Teil einer globalisierten Welt. In Rostock sorgen nach den Jahren der Hanse nun vor allem Forscher aus aller Welt für internationales Flair. Aus Anlass des „Rostocker Wissenschaftsjahres 2009“ vom Verein [Rostock denkt 365°] werden an dieser Stelle jeden Monat internationale Gastforscher aus Rostocker Wissenschaftseinrichtungen sich und ihren Blick auf die Stadt vorstellen. Doch auch Mitarbeiter forschender Unternehmen bringen die nötige Buntheit und Internationalität in die Regiopole.
Meine Name ist Felix Liebrich und ich lebe seit etwa neun Monaten in Rostock. Ich bin Electrical Design Support Engineer bei der Firma Suzlon Energy GmbH. Der Wind trieb mich nach Deutschland. Oder besser gesagt: die Windenergie. Meine Aufgabe ist die Problembehandlung und Reparatur von Windkraftanlagen.
Meine Eltern stammen beide aus Süddeutschland und dennoch ist meine Heimat Australien. Dort wurde ich geboren und wuchs im Nordosten der Insel, in einer Kleinstadt namens Herberton, auf.
Nach dem Studium in Melbourne arbeitete ich zwei Jahre. Doch irgendwann beschloss ich, etwas mehr von der Erde zu sehen. So reiste ich mit meiner Freundin ein Jahr um die Welt. Lange schon hatte ich den Wunsch, zu sehen, wie meine Eltern früher lebten. So zog es mich im August 2008 nach Deutschland. Ich besuchte meine Verwandten in Hessen, entschied mich, hier zu bleiben und schaute ich mich nach Arbeit um. Es kam ein Angebot vom Windenergieanlagenhersteller Suzlon Energy aus Rostock, einem indischen Unternehmen, dass das viertgrößte in dieser Branche ist.
Die Windenergienutzung ist in Australien noch lange nicht so weit fortgeschritten wie in Deutschland. Das war eine Chance für mich.
Doch Rostock? Ich wusste zwar, wo Rostock liegt, da ich einmal mit der Fähre nach Dänemark gereist bin. Aber Erinnerungen an die alte Hanse- und Universitätsstadt hatte ich keine. Das Einzige, was meine Verwandten über Rostock sagten, war: „Es liegt im tiefen Osten“.
Doch ich konnte mir darunter nichts vorstellen. Ost und West gab es für mich nicht.
So kamen wir im Januar diesen Jahres mit nichts mehr als zwei Rucksäcken in Rostock an. Der erste Eindruck machte mir Angst. Wir hatten von Suzlon eine Wohnung bekommen, am Hafen. Er war zugefroren, so etwas kannte ich aus Australien nicht. Und dann die Behörden in Deutschland. Ich bin zwar Deutscher, aber ich brauchte ein Visum für meine Freundin. Ein mühsamer Kampf.
Nachdem dies durchgestanden war, lernte ich Rostock sehr schnell schätzen. Die Einkaufsstraße, die sehr alten Gebäude – die gibt es in Australien nicht. Auch die Lage zwischen Hamburg und Berlin ist toll. Neben diesen neuen Erfahrungen gibt es aber auch einige Gemeinsamkeiten zwischen Australien und Rostock: die Liebe zum Bier (was hier besser schmeckt) oder die Kneipen. Das brachte mir die neue Heimat etwas näher und machte es mir leichter, mich an die Mentalität hier zu gewöhnen.
Ich lernte die Menschen hier in Rostock immer als sehr freundlich kennen, wenn auch etwas verschlossen. So fand ich in den vergangenen neun Monaten schon einige Freunde. Mein Freundin gibt mittlerweile Englischunterricht und ich fing mit dem Kitesufen an. Als Australier! Auch wenn ich viel von der Welt gesehen habe, bin ich froh hier zu sein und werde weiterhin die flache Landschaft mit dem Fahrrad erkunden.
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