RONNY GERNHART
RONNY GERNHARTS VIERERKETTE
Ich fühlte mich in meine Lieblingsserie versetzt: mit der Protzkarre meines neuen Chefs rauschte ich durch Dänemark. Ok ok, Dänemark ist nicht Hawaii, und den Schnurri hab' ich letztes Jahr beim Aufstieg verloren, aber trotzdem fühlte ich mich ein wenig wie Magnum, als ich mit Miss Südsee-Land die Heimreise von unserem Auswärtsgig bewältigte.
Die junge Dame war schwer beeindruckt von mir – zurecht. Schließlich fuhr ich ´nen nagelneuen A5, und nicht nur dieser stand mir sehr gut. Mein neuer Chef war der Ansicht gewesen, jemand vom Verein müsste beim "Test in irgendeinem dänischen Naest..." dabei sein. Und da ich sein neuer Praktikant war, fiel die Wahl auf mich. Ja, die Jungs vom Arbeitsamt sind manchmal echt Genies. "Sie haben doch mal da gespielt, dann kennen Sie sich doch aus. Wir haben Ihnen ´nen 1-Euro-Job im Marketing besorgt, und Ihr Chef ist echt nett."
Meine schlimmsten Befürchtungen wurden wahr. In der ersten Woche jagte Strähne mich doch tatsächlich durchs Haus: hier mal ein Käffchen holen, da ´ne Kopie machen, die Kfz-Pflaume wegen der neuesten Audi-Modelle annerven, die Post zur Post bringen. Ganz großes Kino!
Zum Glück konnte ich mit dem geizigen Dirk, der mir wenigstens gestattete, Termine bei Sponsoren zu organisieren.
Doch ich schweife ab. Ich also mit der dänissen Ssönheit unterwegs, als sie das Radio anmacht, wo wohl grad Nachrichten laufen. Weiß kein Mensch, man hat ja eh das Gefühl die dänische Sprache hätte einen sitzen. Zwischendurch fielen auch wenig missverständliche Satzfetzen wie "Hansa Rostock...Hooligans...Pölser...Fanshop...Blitzkrieg". Meine Begleitung wurde sauer, wollte, dass ich anhalte, stieg aus und knallte die Tür zu. Ich war ratlos, so was war mir noch nie passiert. Schon gar nicht, wenn ich mit einem Auto aus der Chefetage unterwegs war. Als ich am Montagmorgen auf Arbeit ankam, fühlte ich mich schon wieder wie Magnum, denn da waren Sie wieder, meine drei Probleme: mein Chef, sein Chef und deren Launen. Heute war echt kein guter Tag, und die Tatsache, dass der gestohlen gemeldete Dienstwagen wieder da war, machte die Sache auch nicht viel besser. Bald wusste ich auch warum der Haussegen schief hing. Der Verein hatte schon wieder immernoch keinen Trikotsponsor, beim Testspiel hatten Rostocker randaliert und zweiteres sorgte nicht eben für Abhilfe bei ersterem. Dabei schien schon alles klar gewesen zu sein.
Als Stammgast beim lokalen Bierbrauer war es mir nicht schwer gefallen, deren Chefetage zu einen Engagement beim FCH zu überreden. Zwar fabulierten die Jungs da immer von "maritimer Ausrichtung unseres Werbeengagements", doch nach ein paar Kostproben der hauseigenen Produktpalette hatte ich sie dann doch überzeugt. Schließlich hätten wir auch ein Segelboot, sogar im Vereinswappen. Der Deal war quasi perfekt und sollte während der HanseSail öffentlichkeitswirksam unter Dach und Fach gebracht werden.
Da hatten uns die Krawallbrüder, die mit nach Dänemark gefahren waren, aber einen Bärendienst erwiesen. Zwar kamen wir wie verabredet zur Vertragsunterzeichnung zum Segelboot unseres neuen Sponsors und mussten uns dafür durch die bumsmuckeberauschten Massen quälen, doch dann teilte man uns mit, das man nicht namensstiftend für "ROSTOCKER" Hooligans agieren wolle und deshalb das Engagement noch einmal überdacht, im Sinne eines Sinneswandels, hätte. Wir dachten, uns streift ein Bus!
Was nun? Strähne bekam fast einen Weinkrampf. Schluchzend trug er jedem ungefragt seine Theorie zur Randale in Naestved vor: Einige Hansa-Fans, die mit zu unserem Winter-Testspiel im Iran waren, hätten sich dort an irgendwelchen Koran-Schulen eingeschrieben, hätten jetzt Semesterferien und wären nach Dänemark gefahren, um sich für Mohammed-Karikaturen zu rächen. Was für ein kruder Gedankengang!
Doch der geizige Dirk und ich trugen es wie Männer und suchten uns erstmal ´nen Bierstand. Auf einem Segler wurden wir fündig. Nach etwa einem halben Dutzend Pils passierte etwas, was ich noch nie zuvor gesehen hatte. Irgendwas war neu im Gesicht unseres VoVos. Und dann hatte ich es: er lächelte. Und mit jedem Mal, wenn wir uns zuprosteten, wurde dieses Lächeln breiter. Zwei Tage später hatten wir einen neuen Hauptsponsor, der Ärger w egen der paar tausend ungeklärten Kilometer auf dem Tacho war auch vergessen, und meine Jungs und ich wurden sogar zum Pokalspiel nach Frankfurt eingeladen.
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