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Mariken – Von de Leiw tau uns Sprak

Mariken – Von de Leiw tau uns Sprak

Jul 11

Mariken ziert eine Postkarte des Ostseebades Warnemünde. Neben der Mole und dem Alten Strom steht sie vor dem Teepot, lächelt freundlich und ist selbst eine Art Sehenswürdigkeit.

Ihr Unterkleid ist schlicht und schwarz, die Ärmel lang und die Beine sind bis zum Boden mit dem Rock bedeckt. Die dezent verzierte Schürze darüber ist blütenweiß und akurat gebügelt. Ohne ihre große Haube auf dem Kopf würde Mariken ein wenig wie eine Kellnerin aussehen. Aber die Haube ist am Hinterkopf geschlossen und an den Seiten weit ausgestellt. Irgendwie sieht es dann doch nicht nach Gastronomie aus. Zusammen mit der runden Brille auf ihrer Nase und der großen gebundenen Schleife unterm Kinn ist sie ein ungewohnter Anblick, weil nicht ersichtlich ist, um was für eine Art Kunst oder Werbung es sich handeln soll. Immerhin begegnen einem bei Stadtbummeln allerhand Würstchen in Brötchen und Männer in Kleidern auf Stelzen. Aber in Marikens geflochtenem Korb unterm Arm sind zum Glück keine Werbezettel versteckt. Ihr Anliegen ist eher linguistischer Natur, denn was man nicht unbedingt sofort sieht, kann man dafür nur zu gut hören.
Eigentlich heißt die Frau, die wie beschrieben im Café Ringelnatz in der Alexandrinenstraße in Warnemünde vor mir sitzt, Marita Bojarra. Sie stammt, so wie auch Rudolf Tarnow, aus Parchim und hat "Mariken" 1994 erfunden. Auf der Suche nach Adjektiven für diese Figur würde man sich wahrscheinlich von "kauzig" und "niedlich" über "eigen" und "unschuldig" bis hin zu "lieb" und dennoch "vorlaut" entlang hangeln. "Es ist keine Tracht, die ich trage, es ist ein Kostüm. Ich habe ihm auch einen Namen gegeben, es heißt 'Dienerin der niederdeutschen Sprache'", sagt Frau Bojarra. Darum geht es also. De Fru snackt op Platt! Un de Verkledung is egens schietegal.
Man mag Mariken belächeln, wenn man sie durch Warnemünde laufen sieht, aber es lohnt sich auch, ihr zuzuhören. Man kann sogar etwas lernen. So verrät die 58-Jährige, dass es unsere Landesverfassung tatsächlich auch auf Plattdeutsch gibt. Sie trägt den Titel "Verfatung von dat Land Mäkelborg-Vörpommern" und Mariken hat natürlich ein Exemplar unter den Deckeln ihres Flechtkorbes gebunkert. Im Artikel 16 zur Förderung von Kultur und Wissenschaft heißt es in Absatz 2: "Dat Land steiht för de plattdüütsche Sprak in un bringt ehr Pläg' vöran." Ergo, unser schönes Bundesland hat sich die Förderung und Pflege der niederdeutschen Sprache auf die Fahnen geschrieben. Und Mariken hat das auch.

"Vor seinem Tod sagte Manfred Spitz zu mir, dass er, wenn er die Sendung noch mal machen würde, Mariken zu 'Klock 8, achtern Strom' einladen würde",

schwärmt Frau Bojarra. Diese Musiksendung des Fernsehens der DDR gibt es seit über 20 Jahren nicht mehr, wird aber nicht nur vielen Rostockern noch ein Begriff sein.
Während Frau Bojarra eher zurückhaltend ist, reißt Mariken die Klappe schon weiter auf. Mariken ist in allem etwas lauter und vielleicht auch oberflächlich plumper. Sie nähert sich den Menschen und schnattert diese hemmungslos zu. Da reicht ein schüchterner verstohlener Blick von der Seite oder, so wie mitten in unserem Gespräch, ein Hochzeitspaar vor der Tür. Sofort springt Mariken auf und lässt sich mit dem jungen Glück fotografieren, holt irgendein Präsent aus ihrem Körbchen und ist sichtbar froh. Nur die Brille sei in der ganzen Eile nicht die richtige gewesen, erklärt sie mir anschließend. Mit Plattdeutsch ist es so eine Sache. Meine eigenen Kindheitserinnerungen sind geprägt davon, dass mein Großvater ganz selbstverständlich fortwährend ins Plattdeutsche verfiel und mir jungem Ding bei Unverständnis gern noch mal alles mit anderen Worten erneut erklärte, natürlich ok op Platt. Mariken hingegen geht es etwas pädagogischer an, wenn sie mal nicht verstanden wird, was bei Besuchern aus südlicheren Bundesländern gern der Fall ist. Sie ist zweisprachig unterwegs, Plattdeutsch und Hochdeutsch. "Das muss sich schon ein wenig abwechseln, Anspannung und Entspannung, wie bei den kleinen Zuhörern", sagt die gelernte Kindergärtnerin.
"Es ist nicht immer leicht gewesen, sich mit so einer Tätigkeit freischaffend über Wasser zu halten, aber bereut habe ich es nie." Seit zwei Jahren macht sie jeden Montag im Hotel Neptun ein kleines Programm, eine "lustige Stunde mit dit & dat als lustiger Snack", wie sie es nennt. Es enthält Anekdoten, Lieder und auch kleine Rätsel. Während die Gäste des Hotels und die Besucher Warnemündes in diesen Fällen eher etwas älter sind, kommt Mariken ihrem ursprünglichen Beruf im Warnemünder Heimatmuseum wiederum doch etwas näher. Zweimal im Monat kommen nämlich Kindergartengruppen an diesen Ort und erlernen hier spielerisch mit Mariken ein paar Sätze auf Plattdeutsch – natürlich mit Schippermütze auf dem Kopf. Gern nimmt sie dabei auch einmal ihr eigenes Spiel zur Hand: das Mariken-Memo, ein frei im Handel erwerbliches Memoryspiel. Auf den Karten lassen sich jeweils der Hoch- und Niederdeutsche Begriff wiederfinden. "Die Arbeit mit den jungen Menschen ist mir besonders wichtig und ich sehe immer wieder, welche Faszination diese Sprache [und Frau Bojarra besteht auf die Formulierung 'Sprache' und nicht etwa 'Dialekt'] ausübt. Man versteht die Sprache immer irgendwie und ich wünsche mir, dass ich sie noch ein wenig weiter in die Welt hinaus tragen kann." Letztlich wurde Plattdeutsch schon so oft tot gesagt. Aber solange man Mariken immer mal wieder auf ihrer "Liebesbank" in Warnemünde sitzen sieht und sie verkündet: "Männer sünd as Wulken, wenn de moigens aftrecken, kann dat noch 'n schön' Dag warden", wird dem Niederdeutschen regelmäßig wieder das Leben eingehaucht. Vor allem, weil man auch gleich so schön auf Plattdeutsch zurück tottern kann.

GESINE SCHUER


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