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Report

Heimatlos im Heimathafen

Heimatlos im Heimathafen

Dez 13

Die einen haben kein Obdach, die anderen sind mehrere Monate ihrer Heimat und ihrer Familie fern. Ein kurzer Blick auf die Seemannsmission im Rostocker Stadthafen und die Obdachlosenhilfe in Toitenwinkel und die Menschen, die anderen kontinuierlich das geben, was bei uns (wenn überhaupt) nur noch zur Weihnachtszeit nach außen tritt: Nächstenliebe.

 

Die Seemannsmission
Früher war man noch Entdecker, da war das Meer, welches in seiner unendlichen Weite vor einem lag, noch verbunden mit einem romantischen Gefühl: Abenteuer, Naturerlebnis, und Entdeckergeist; in jedem Hafen ein Mädchen. Das war einmal. Heute ist der Job an Bord eines Schiffes auch nur noch das Spielbild eines jenen, den es auch an Land gibt. Man freut sich auf das Wochenende. Nur das es eben kein Wochenende gibt. Dafür aber Schichtbetrieb und starke physische wie seelische Belastungen.
In großen, oft seelenlosen Kähnen schippern die meist aus dem asiatischen Raum stammenden Seefahrer (vorwiegend aus den Philippinen kommen) der heutigen Zeit durch die Weltmeere. Der Globalisierung sei Dank befördern die Schiffe täglich tausende Tonnen Fracht unterschiedlichster Couleur von A nach B. Von Kuscheltieren, bis Südfrüchten, hin zu Kleidung und Elektronik, aber auch Korn, Öl, und und und. Die Straße des Meeres ist eben noch Maut-frei und somit die Günstigste, wenn auch Langsamste.
Die Seefahrer selbst macht dieser Umstand zu Heimatlosen. Den Großteil des Jahres verbringen sie auf See, nur selten sind sie zu Hause. Ein Großteil ihrer Heuer fließt dennoch heimwärts. Da bleibt wenig Raum für Ablenkung, Abwechslung oder wie auch immer geartete Urlaubsgelüste. Meist sind es die viel zu kurzen Landgänge, die ein wenig Abwechslung liefern. Doch was will man schon machen in einem Hafen. Das wahre Leben einer Stadt ist dann noch weit weg. Und Zeit ist kostbar.
Im Rostocker Überseehafen gibt es zwar ein paar Shops, die zum munteren Geldausgeben einladen - aber Ablenkung und soziale Interaktion? Doch es gibt einen solchen Ort. Die im Rostocker Stadtbild vielleicht viel zu wenig beachtete Seemannsmission.
Am 31. Januar 1991 wurde der Verein "Deutsche Seemannsmission Rostock e.V." im Turm der Rostocker St. Nikolai Kirche gegründet. Und es war ein Rostocker der den Grundstein für die Seemannsmission legte. Martin Elias Harms, Sohn eines Polizeisoldaten, der 1844 in Rostock geboren wurde, ging zum Theologie-Studium nach England. Im Hafen von Sunderland kümmerte sich Harms besonders um die dortigen Seeleute. Aus diesen Erfahrungen entwickelte Harms ein Statut, nach dem 1886 in London das Generalkomitee der Deutschen Evangelischen Seemannsmission gegründet wurde. Gewusst? Wir auch nicht!
Die Seemannsmission Rostocks ist so etwas wie die Avantgarde. Ihre Mitarbeiter bilden die Vorhut und sind in der Regel der erste Kontakt den die Seefahrer zu unserer Stadt bekommen. Somit ist sie auch ein nicht zu verachtendes Aushängeschild.
Auch hier wird im Schichtbetrieb gearbeitet. Die Frühschicht kümmert sich um das Administrative, macht Besorgungen oder einen Pressespiegel für die zu erwartenden Seefahrer in ihrer jeweiligen Landessprache. Die Mittelschicht macht Bordbesuche und die Spätschicht empfängt die Seefahrer im Club "Hollfast" (plattdeutsch für "Halt" und "Stütze").
Der Club ist groß und geräumig, sicher eine willkommene Abwechslung zu der an Board dominierende Enge. Die Räumlichkeiten werden von Hafenentwicklungsgesellschaft gestellt – nur die Nebenkosten muss die Seemannsmission tragen, was das Budget stark entlastet.
Wer sein Englisch aufbessern möchte, der sollte öfter hier vorbeischauen, das ist hier nämliche Arbeitssprache. Im Hollfast selbst können die Seeleute lesen, sich auch Bücher mit an Bord nehmen, mit Ihrer Familie skypen (was an Board auch nicht immer eine Selbstverständlichkeit ist), Souvenirs kaufen, aber auch Hygiene-Artikel. es gibt einen Kicker, einen Billardtisch und allerhand Musikinstrumente. Nicht selten sitzen zur späteren Stunde die Anwesenden Gäste und die Mitarbeiter und trällern fröhlich wie die Pfadfinder ihre Lieder. Aber auch Geldtransfers kann man hier – im Vergleich zu den anderen Dienstleistern in diesem Bereich – deutlich günstiger in Auftrag geben.
Für einen normalen Seefahrer, der üblicherweise zwischen acht und zwölf Monaten auf See ist bietet die Seemannsmission einen sozialen Raum und somit ach so wichtige Abwechslung zum monotonen Arbeitsalltag. Monoton wird es für die Mitarbeiter der Seemannsmission indes nie – man fühlt sich an das berühmte Zitat von Forrest Gump und der Schachtel Pralinen erinnert – "... man weiß nie was man kriegt". Natürlich gibt es auch den einen oder anderen besonderen Umstand. Zum Beispiel wenn eines der Crewmitglieder verstirbt. Dann begleiten die Mitarbeiter die Seeleute in ihrem Trauerprozess, halten Andachten ab. Auch Besuche im Krankenhaus oder (was eher selten vorkommt) im Gefängnis sind möglich und gehört schlicht zum Spektrum des "Sich um andere Kümmerns".
Getragen wird der Verein neben den Einkünften aus der freiwilligen Schiffsabgabe von Spenden. Aber auch Sachspenden sind stets willkommen – vor allem Mützen und Pullover sind bei den deutlich empfindlicheren Philippinos sehr begehrt und ein Neuerwerb ist unerschwinglich.
Am Heiligabend wird es sogar eine kleine Weihnachtsfeier geben, inklusive Geschenken. Eine Seniorengruppe der Ver.di-Frauen strickt Mützen und bereits im gesamten Dezember wird der Club in ein festliches Gewand gehüllt. Alles ein bisschen so, als wäre man zu Hause. Für ein kleines bisschen Heimatgefühl, für die Heimatlosen in unserem Heimathafen.

 

Interview mit dem Maschinisten Romel I. Estuita

0381-Magazin: Wie lange bist du schon hier und wo kommst du?
Estuita: Ich komme von den Philippinen und bin nur ein paar Tage in Rostock.
 
0381-Magazin: Wie lange bist du schon Seefahrer?
Estuita: Das ist mein dritter Vertrag, ich fahre etwa seit drei Jahren zur See
 
0381-Magazin: Ist es für dich schwer zurzeit, hier zu sein und nicht zu Hause – wegen des Sturms?
Estuita: Ja, das ist sehr schwer für mich. Aber alle in unserer Familie sind okay. Einzig die Stromversorgung ist ein Problem, die ist auf unserer Insel komplett ausgefallen, und natürlich gibt es starke Verwüstungen. Alles sehr schlimm.
 
0381-Magazin: Warst du schon einmal hier? Wie oft nutzt du die Seemannsmission?
Estuita: Ich bin schon das zweite Mal in Deutschland und ich nutze die Seemannsmission sehr gern. Hier sind Leute die ich treffen kann, die ich vielleicht sogar kenne und mit denen ich reden kann. Aber auch Souvenirs kaufe ich hier sehr gerne ein. Vor allem die Schlüssel-Anhänger. Es ist ein guter Ort um sich abseits des Schiffes zu amüsieren. An Bord haben wir lediglich ein Fitnessstudio.
 
0381-Magazin: Bist du gern Seefahrer?
Estuita: Ich glaube die Frage ist: Warum sollte ich ein Job an Bord eines Schiffes annehmen, weit weg von meiner Familie, wenn es nicht auch Alternativen an Land gibt? Aber die gibt es nun einmal nicht. Ich würde immer den Job an Land vorziehen, weil ich dann bei meiner Familie sein kann. Man wird zwar ganz gut bezahlt – aber mit Geld kann man auch kein Glück kaufen.

 

PAUL FLEISCHER


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