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DIE FRONTFRAUEN DES FC HANSA
"Gibts noch Karten für gegen Bayern?" Die freundliche Dame hinterm Verkaufstresen schüttelnd bedauernd den Kopf:"Nein, leider nicht. Die waren wirklich schnell weg."-"Na dann muss ich wohl versuchen, woanders ein Geschenk für meinen Sohn zu finden."
Der junggebliebene Fragesteller will schon unverrichteter Dinge von dannen ziehen. Das will die Chefin des Hansa-Fanshop nicht auf sich sitzen lassen. "Junger Mann, so schnell sollten Sie nicht aufgeben. Wir haben doch bestimmt noch was anderes, womit sie ihm eine Freude machen können."
Birgit Rahn musste in den Tagen vor Weihnachten viele Kunden enttäuschen, aber wenn es gegen die Bayern geht, wie für den FC Hansa gleich zu Beginn der Rückrunde, bilden sich immer lange Schlangen und das Team der Breiten Straße hat alle Hände voll zu tun. Sechs Frauen bringen hier alles, was das Herz der Hansa-Fans erfreut an den Mann und an die Frau. Und da gibt es so einiges: vom Fan-Schal mit verschiedenen Motiven, über Bälle, Trikots, Sweatshirts, Trainingsanzüge bis hin zu Eierbechern mit dem Motiv der Hansa-Kogge, werden alle Merchandising-Produkte des mecklenburgischen Erstligisten hier angeboten. "Es gibt über 400 verschiedene Artikel rund um den FC Hansa. Von der Autogrammkarte für 50 Cent bis hin zum beleuchteten Bild für 99,90 Euro reicht die Produktpalette." Auch Nasenhaarschneider und Hausschuhe gehören dazu. Und als Frau Rahn von ihrer Kollegin Manuela Hering, daran erinnert wird, dass es früher auch Hansa-Kondome gab, ist das Gelächter groß.
Birgit Rahn kann sich noch an fast alles erinnern. Schon seit 1995, als der erste Hansa-Fanshop in der Kröpeliner Straße eröffnet wurde, ist sie an einer der wichtigsten Schnittstellen zwischen Fans und Verein tätig. Ihr Job beim FC Hansa begann mit einer ABM-Stelle in der Fanbetreuung. In den vergangenen Jahren, da ist sie sicher, hat sie mehr als eine Million Tickets verkauft. Natürlich ist Hansa für sie mehr als ein Job: "Selbstverständlich habe ich auch das eine oder andere Trikot und ein paar Schals für mich und meine Familie gekauft. Schließlich sind diese Sachen nicht nur meine Arbeitskleidung, sondern mein Herz schlägt auch für den Verein." Im Verlauf ihrer langjährigen Tätigkeit haben sie und ihre Kolleginnen eine Menge Spieler kommen und gehen sehen. Da wundert es nicht, dass jede der Damen ihre Favoriten hat, und wohl noch weniger, dass bei allen der Name Paule Beinlich dabei ist. Doch auch Rene Rydlewicz, Oliver Neuville, Sergej Barbarez und Igor Pamic werden genannt. Große Namen sind also dabei, an die man sich gerne zurückerinnnert.
Birgit Rahn, die mit ihrem Namensvetter Christian wohl nur über riesige Umwege verwandt ist, hat natürlich auch in der aktuellen Mannschaft einen Lieblingsspieler. "Den Zafer Yelen find ich schon toll. Aber auch Marc Stein und Kai Bülow, die öfter mal im Fan-Shop stöbern sind nette Jungs."
Und wenn die Fans dann ihre Lieblinge im Geschäft erkennen, bildet sich ganz schnell eine Traube . So richtig ruhig ist es dort aber nie. "An Spieltagen ist es bei uns immer sehr voll. Viele Leute entscheiden sich erst vormittags, zum Spiel zu gehen. Und am Montag tagt hier immer der "Trainerrat"." So werden die hartgesottenen Fans genannt, die schon seit Jahr und Tag beim Training kiebitzen.
Der Job ist mehr als nur Tickets und Merchandising verkaufen. Für viele Fans ist der Fan-Shop erste Anlaufstelle, wenn sie mit den Leistungen der Mannschaft nicht zufrieden sind. Und dann sind auch schon mal Angetrunkene dabei. Doch Birgit Rahn und ihre insgesamt fünf Kolleginnen wissen, wie sie mit den Fans umzugehen haben. "Wir hören uns natürlich an, was die Leute auf dem Herzen haben, und reden mit ihnen. Und wenn dann die Kritik auf uns niederprasselt, braucht man manchmal schon ein dickes Fell. Meist erinnern wird die Jungs dann daran, dass wir gar nicht mitgespielt haben. So entspannt sich meist die Situation." Nur einmal war es wohl etwas brenzliger, als ein Kunde unbedingt auf Karten für eine bestimmte Reihe im Stadion bestand, diese aber schon verkauft waren. Da der Mann dies aber partout nicht verstehen wollte, musste der Verein extra Sicherheitspersonal für den Shop engagieren. "Wir waren damals schon froh, dass man sich so um uns gekümmert hat."
Sonst geht es im Laden nicht ganz so hoch her. Natürlich ist zu Saisonbeginn, wenn die Fans sich ihre Jahreskarten sichern wollen, der Andrang besonders groß, genau wie zu den Top-Spielen und in der Weihnachtszeit. Doch das routinierte Team um Frau Rahn behält stets die Ruhe, und hat immer ein freundliches Wort oder einen Tipp für die Kundschaft parat.
Und so muss auch der Mann, der keine Karten für das Bayern-Spiel mehr bekam, nicht mit leeren Händen nach Hause gehen. Auf Anraten Birgit Rahns wird sein Sohn nun ein Trikot von Tim Sebastian unter dem Weihnachtsbaum gefunden haben.
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